Seine Auftritte mit Federschmuck sind auch in der Oberpfalz legendär. Der Münchner Bluesbarde Willy Michl, dessen 73. Winter gerade beginnt, lebt schon seit Jahrzehnten mental in indigenen Welten, nicht nur der Völker Amerikas, sondern sogar der Kelten und vieler Urvölker der Erde. Ein Gespräch mit Sound of Thunder (eingetragener Künstlername von Wilhelm Karl Michl) jenseits von „kultureller Aneignung“. Hier das komplette Gespräch:
Howgh Willy Michl, wann haben Sie Ihren starken Bezug zum Indianersein entdeckt?
Ich lebe definitiv nicht nach Anschauungen irgendwelcher anderer Völker. Weswegen ja in meinem Falle von kultureller Aneignung nicht die Rede sein kann! Sondern mir begegnete am Tage meiner Erstkommunion durch ein Buch-Geschenk meines Vaters der Roman „Die Söhne der Großen Bärin“ von Liselotte Welskopf Henrich, die übrigens in indigenen Kreisen des American Indian Movement anerkannt und geehrt wurde. Seit ich dieses Buch gelesen hatte, solidarisierte ich mich mit dem Volk der Dakota und ebenso mit allen indigenen Völkern der Erde. Man kann sagen, daß mich die Althistorikerin und Altphilologin, übrigens eine Münchnerin, die während des 3. Reichs den Dissidenten und Hitlergegner Rudolf Welskopf versteckte und später in der DDR lebte, gewissermaßen auf den Roten Weg im indigenen Sinne geführt hat. Ich bin von Kindheit an ein Geist mäßiger Indianer.
Ihre bewusste Weltsicht verbreiten Sie auch auf Ihren Konzerten?
Sag‘ ma‘ mal so: „Ich verbreite gar nix“ !!! Sondern ich bin ein wahrer Bluesmann, der aus seinem Herzen heraus die Menschen mit seinen Träumen unterhält. Ich predige nicht, ich lehre nicht und ich will niemanden überzeugen sprich missionieren. Sondern ich bin ein indigener Mensch von der Isar, das ist der Fluss, an dem ich aufwuchs und wo ich wohne. Deshalb nennt man mich ISARNATIVE SoTh Willy Michl: SoTh steht für „Sound of Thunder“. Diesen Geistnamen gab mir ein junger Gitarrist mit dem ich acht Sommer und Winter unterwegs war, und dem ich alles was man im Musikbusiness können muß beigebracht habe. Dazu gehörte auch Reggae Music, die ich auf einer Reise in die Karibik 1975 durch indigene Musiker aus Grenada kennengelernt hatte. Er hat später für den Protestsänger Hans Söllner ohne mich dessen Platte Bayaman Vibration produziert. Was ich tue ist immer davon zu singen, daß man sich nicht gegenseitig verletzen darf, sich lieben, respektieren und ehren muß. Dieses Mantra gab mir 2004 ein indigener Medizinmann, Fred Drum Contreraz von Raramurri Wariorchief & Medicineman. Seit Anbeginn meiner Karriere habe ich gegen Rassismus und für die Gleichheit, Brüderlichkeit und Schwesternliebe und Freiheit aller Wesen gesungen. Und das ist indianisch.
Wie bringen Sie Ihre Lebenseinstellung mit einer hektischen Großstadt wie München in Einklang?
Das ist kein Problem, ich gehe unbeirrbar meinen Weg eines Künstlers und begegne den Menschen positiv, das ist alles Und ich lasse mich von nichts und niemandem beirren.
Gab es persönliche Begegnungen mit der amerikanischen Urbevölkerung?
Ja, solche Begegnungen gab es. Bemerkenswert ist, daß beinahe alle Indianer die ich getroffen habevon sich aus mich sehen wollten, ich habe mit allen bis heute gute Freundschaft. Die Urbevölkerung Amerikas und anderer Kontinente besteht aus tausenden von Nationen, Stämmen und Völkern. Man sollte sich endlich von den hiesigen Klischees und völlig falschen Vorstellungen über American Natives oder andere Volkheiten auf der Erde lösen und diesen dummen Rassismus endlich beenden.
Welchen Blick haben Sie auf die deutschen Winnetou-Geschichten und wie verfolgen Sie die aktuelle Diskussion darüber?
Die Romane Karl Mays sind wirklich gut geschriebene Geschichten, sie haben keinerlei Realität, die Gestalt WINNETOU ist nachweislich der Beschreibung des Mandan- Häuptlings Mahto Topee’s des Malers George Catlin nachempfunden, der in seinem Reisebericht zum Ende des 19.Jahrhuderts über die Ureinwohner des Westens der damals längst existierenden USA schrieb. Die Diskussion ist ok, aber langweilt. Die Deutschen werden sich ihren Winnetou nicht nehmen lassen. Er ist eine Traumfigur, und die Menschen lieben es zu träumen.
Wie ist der Stand zu ihrer aktuellen Platte „wokeyaklé STEINZEIT MANN free solo“, und was ist die Message dieses Werkes?
Ich arbeite fleissig und mit Freude an der Scheibe, durch eine Verletzung meiner Hand, die mir am 22. Juli ein rüpelhafter Rassist und engstirniger Museumsangestellter beim Aufbau meiner Tonanlage beibrachte, mit dem Argument er sei ein Niederbayer und würde einen lapperten Händedruck hassen, weswegen er mir also dann meine Hand gequetscht hatte, musste ich die geplanten Aufnahmen meiner Scheibe FREE SOLO verschieben. Kein Schaden ohne Nutzen, ich habe darauf hin und derzeit nochmal meine Texte überarbeitet, und langsam komme ich auch wieder in eine Situation wo Aufnahmen möglich werden. Wir müssen uns darüber klar werden, daß das Leben auf der Erde und das Überleben nur damit zu tun hat, daß einer den anderen respektiert, ehrt und liebt. Wenn sich dies nicht schnell durchsetzt, werden sehr viele Menschen in den kommenden Jahrzehnten und Jahrhunderten umkommen. Und man muß sich auch darüber klar werden, daß mit e-Mobilität und Atomkraftwerken, aber auch mit Verboten und Gesetzen der Klimawandel nicht aufzuhalten ist. Sondern jetzt kommt es darauf an, gute und vernünftige Wege zu suchen und zu finden, damit zu leben. Solange es nicht zu heiß wird, haben die Menschen gute Chancen, als Spezies mit anderen Arten und Wesen zu überleben.
Zum guten Schluss Ihr indigener Lieblingsspruch:
COME RAIN – COME SHINE und ein Satz noch von mir selbst – ALLES IS‘ EIN KREIS, so heißt auch einer meiner Songs.